Ein Erbfall ist kein Projekt. Er trifft Menschen – und manchmal ein ganzes Team. Zwischen Beileidskarten und Behördenpost liegt eine Frage, die sich nicht vertagen lässt: Erbe annehmen, ja oder nein? Juristisch läuft die Uhr: In der Regel sechs Wochen bis zur Entscheidung. Inhaltlich geht es um etwas anderes: Haftung, Liquidität, Frieden in der Familie und eine Rückkehr in den Alltag, die nicht überfordert.
Erbaannahme: Was in Woche 1 zählt
Kein heroischer Akt, sondern Inventur: Welche Konten, Depots, Immobilien, Verträge existieren? Wo liegen Verbindlichkeiten, Steuern, Darlehen, Bürgschaften? Die Nettovermögensanalyse ist kein Excel-Fetisch, sondern Schutz vor Haftungsfallen. Wer annimmt, haftet grundsätzlich auch mit Privatvermögen für Nachlassschulden. Deshalb braucht es eine schnelle, belastbare Übersicht, selbst wenn sie zunächst unvollständig ist.
Risikoprüfung statt Hoffen: Das hat sich bei witwen bewährt
Sechs Prüfpfade haben sich bewährt:
- Aktiva/Passiva: Substanz vs. Verpflichtungen.
- Depots: Illiquidität, Währungsrisiken, strukturierte Produkte – was ist realisierbar?
- Immobilien: Zustand, Mietrisiken, Sanierungsdruck (GEG/EU), Verwaltung.
- Steuern: offene Jahre, Fristen, potenzielle Nachzahlungen.
- Verträge: Beteiligungen, Darlehen, Bürgschaften, schwebende Geschäfte.
- Ausland: Anerkennung, Quellenbesteuerung, Vollstreckung.
Warum Unternehmen ein Erbfall interessiert
Trauer ist privat, ihre Folgen sind es selten. Offiziell sind es ein bis zwei Tage Sonderurlaub; in der Realität entstehen 8–17 weitere Tage verdeckter Belastung. Darin stecken Telefonate, Amtswege, emotionale Erschöpfung. In Summe 9–19 Tage Produktivitätsverlust pro Fall sind nicht untypisch. Wer Leistungsträger:innen kennt, weiß: Diese Tage verteilen sich leise über Wochen. Konservativ kalkuliert addieren sich diese stillen Ausfälle in KMU schnell zu fünfstelligen Gegenwerten pro Jahr, ohne dass sie irgendwo als Zeile auftauchen.
Bei der Erbannahme zählt: Entscheiden – nicht ertragen
Eine Annahme „aus dem Bauch“ erscheint menschlich, kann aber teuer werden. Umgekehrt ist eine Ausschlagung kein Scheitern, sondern manchmal kluge Risikosteuerung. Die Entscheidung wird hochwertig, wenn drei Bedingungen erfüllt sind:
- Transparenz: eine Kurzbilanz des Nachlasses mit Bandbreiten.
- Szenarien: Annahme vs. Ausschlagung, je mit Konsequenzen (Steuern, Liquidität, Frieden).
- Koordination: eine Ansprechperson, die Recht, Steuern, Immobilien und Psychologie synchronisiert.
Was die Notfallengel in München praktisch tun
Wir arbeiten mit einem kompakten Raster: 1. Datensichtung, 2. Risiko-Screening (Vermögen, Depots, Immobilien, Steuern, Verträge, Ausland), 3.Szenarien, 4.Entscheidungsvorlage. Parallel begleiten wir die Rückkehr in den Job, begleiten die emotionale Herausforderung, Gesprächsführung für Führungskraft und Team, klare Absprachen zu Erreichbarkeit und Pufferzeiten. So wird aus Ausnahmesituation wieder Alltag ohne Druck, ohne Pathos.
Fazit
Die 6-Wochen-Frist ist eng, aber ausreichend, wenn jemand die Fäden hält. Für Betroffene bedeutet das: eine Entscheidung, die trägt. Für Unternehmen: spürbar weniger stille Ausfälle. Für Familien: Frieden statt endloser Nachbeben.
Vertiefung: Vortrag/Workshop „Erbe annehmen ohne Blindflug“ (90 Min.) mit Alesha Dument, für Führung, HR und Betroffene. Mit Entscheidungsmatrix, Checklisten und Fallfragen.